Gedanken los

Die

B u c h s t a b e n

stehen vor mir wie Zeichen, die keinen Sinn ergeben. Abstrakt, also sich nur im Gedanklichen, Theoretischen bewegend und keinen unmittelbar feststellbaren Bezug zur Wirklichkeit habend, ist der letzte Sinn, den ich in ihnen erkennen kann. Mein Leben, so wie ich es bisher kenne, entschwindet mit dem entschwindenden Sinn der Buchstaben.

Du sitzt neben mir, das kommt mir fast wie ein Wunder vor, nach allem, was geschehen ist. Es ist ein Wunder, dass wir beide auf dieser Bank sitzen. Auf einer Bank, nicht auf zwei Stühlen, nein, auf einer Bank. Dein Körper und meiner auf einer Bank sitzend, dieser Zustand beruhigt mich, nein: Er beruhigt mich nicht, denn Beruhigen ist ein zu abstraktes Wort, viel zu abstrakt, wenn ich an unser konkretes Sitzen auf einer Bank denke. Ich will überhaupt nicht denken – weder abstrakt noch konkret -, wenn es um dich geht und um mich, deshalb will ich auch nicht schreiben, denn Schreiben ist Denken.

Jetzt rieche ich dich, ich rieche dich wie du neben mir auf einer Bank sitzt, dein Geruch dringt in meine Nase und lässt mich hinüberkippen, zunächst glaube ich, zu dir hinüberzukippen, ich glaube, die Bank sei plötzlich schief und lässt mich zu dir hinüberkippen, doch das ist eine falsche Wahrnehmung und folgich eine unzureichende Darstellung des Ereignisses, die Bank ist nach wie vor gerade, zumindest nach menschlichen Maßstäben, bin etwa nicht ich hinüber-, sondern du herübergekippt, viel zu viele Gedanken, die sich im Moment ihres Denkens als überflüssig erweisen, finden wir uns doch plötzlich in einem weichen Bett wieder, es ist anzunehmen, dass wir in es hineingekippt sind, ich spüre deine weiche Haut auf meiner, unsere Bewegungen machen es mir unmöglich, weiter zu schreiben, m e i n     K    o    p    f         l   ä       s       s      t     d        i         e                           G                      e          d                a         n   k     e

n

 

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o

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Weil du mich liebst

Die feinen Härchen auf deiner Haut stellten sich auf und signalisierten Abwehr. Obwohl du nackt warst, verhülltest du dich. Alles an dir verschloss sich. Ich machte eine ungeschickte Bewegung, weil ich überrascht und überfordert war von deiner plötzlichen Verschlossenheit.

Du kommentiertest meine ungeschickte Bewegung: Bist du behindert? sagtest du.

Ich war drauf und dran, mich als behindert wahrzunehmen und mich in dieser Wahrnehmung aus dem Zimmer ins Bad zu schleichen. Dann besann ich mich und ließ das Schleichen sein. Ich richtete mich auf und ging aufrecht ins Bad.

Als ich zurückkam, schmolltest du. Wir schwiegen. Augenkontakt verweigtertest du. Nach einer Weile sprangst du auf und gingst ins Bad.

Als du zurückkamst, hatte ich mich hingelegt. Du beugtest dich über mich. Bist du mir böse? flüstertest du mir ins Ohr. Ich begann deine Haare und deine Haut zu streicheln: Böse? Ich bin dir nicht böse. Ich bin dir nie böse. Weil ich weiß, dass du mich liebst.