Eine Jugend in Zitaten

Gerade heute fällt mir ein, dass es schon lange her ist, als mich ein Gefühl übermannte, das ich nicht kannte. Ich rang es nieder mit meinem Geist, mit meinem Kleingeist, wie sollte er ein Großgeist sein, gerade dem Kindsein entwachsen. Mein Kopf wurde immer größer, doch die Worte wurden für mich so schwer, dass ich sie nicht mehr singen konnte wie bisher. Was sollte ich machen an dieser Stelle, an der du mir gegenüber standst? Auf dich zugehen? Davor hatte ich zuviel Angst, denn dann würde das Gefühl, das ich nicht kannte, mich noch mehr übermannen: Ich war die Angst, die Angst vor mir, nur in deiner Furcht war ich bei dir.

Trotzdem ging ich auf dich zu, um von dir abzufallen, um mich als Abfall zu erleben. Meine Ich-Maschine sprang an und drehte sich im Kreis, im Kreis um mich. Wie sollte ich dir nah sein, wenn ich mich selbst nicht von mir entfernen konnte? You make me, sagte ich, um mich von mir abzulenken. Da brachte Blumfeld nach der Ich-Maschine, aus der sich mein Geist speiste, sein zweites Album heraus. Ich flüchtete mich ins Alleinesein, ohne zu wissen, dass einem im Alleinesein die Gefühle übermannen, weil man mit allem eins ist:

Blumfeld 

 

Lass uns nicht von Sex reden

Du sagst, dass wir uns brauchen. Wir brauchen uns? Ich brauche dich. Aber brauchst du mich? Brauche ich dich?

Wir liegen unter der Decke, ohne uns zu vereinigen. Wir vereinigeln uns in unserer gemeinsamen Einsamkeit, in grausamer Bedürftigkeit. Neugier und Freude kriechen aus der Decke, werden verscheucht von der mit aller Macht hereinkriechenden Angst.

Ein ängstliches Erwarten hemmt unsere Leiber. Das Blut stockt und das Fleisch wird hart und kalt. Nicht einmal die Tränen schaffen es aus meinen Augen. Wie können wir uns brauchen, wenn das Leben aus uns zu weichen scheint?

Mein Herz schlägt – noch – trotz meines erstarrten Leibes. Ich spüre es heftig pochen in meiner Brust. Es ermahnt mich, hier zu bleiben, hier in meinem Leib, hier bei dir. Jenseits meiner Angst begehre ich dich, begehre ich deinen Leib. Ich lege meinen Kopf auf deine Brust und spüre dein Herz pochen.

Lass uns nicht von Sex reden, sage ich, nicht von dem Sex, den ich bisher dachte:

Durch dich will ich ihn hinter mir lassen.

Lass uns überhaupt nicht reden, sagst du, während ich mit meiner Zunge von den Tränen auf deinen Wangen koste. Ich spüre das Blut in meinen Adern. Ich spüre die Kraft meines Begehrens und lege mich auf deinen warmen, offenen Leib.