Uteto Fritz und die Hamsterradiaden der Menschheit 3: Die Schönheit des Todes

3 Die Schönheit des Todes

Fortsetzung von Teil 2

Uteto Fritz sitzt am Stamm seines Baumes, der von der Wintersonne erwärmt wird. Die Hamsterradiaden sind wie durch ein Wunder einer angenehmen Ruhe gewichen. Uteto Fritz liest Zeitung. Dann blickt er auf zu mir und sagt: Thomas Bernhard hat gesagt, er lese die Zeitung, um mehr vom Irrsinn dieser Welt zu erfahren, ich lese also wie er, um vom Irrsinn dieser Welt zu erfahren, und dabei lese ich von Virologen, von den neuen Chefs der Menschheit, die von der Bundeskanzlerin zu Rittern geschlagen werden, von Leuten wie Thomas Brussig geadelt werden, von Thomas Brussig, der unter dem Titel Mehr Diktatur wagen fordert, die Demokratie aufzugeben und Virologen zu unseren Diktatoren zu befördern, vielleicht weil er die DDR-Diktatur erlebt hat und die Diktatur von Google, Apple und Co. heraufziehen sieht, besser eine staatlich-naturwissenschaftliche Diktatur als eine privat-technokratische, denkt er sich vielleicht. Jedenfalls ist das eine orthodoxe Wissenschaftsgläubigkeit, die ich irrsinnig finde, nein mehr noch, die mir Angst macht, sagt Uteto Fritz, Angst um meine Freiheit, ich glaube nicht an Google, Apple & Co., ich glaube auch nicht an Virologen, ich glaube an mich und mein Leben, das tödlich enden wird.

Das Treiben der Viren unter dem Mikroskop zu beobachten stelle ich mir Furcht einflößend vor, vielleicht ist es auch faszinierend, vielleicht beides zugleich: die Welt als Vire und Vorstellung, dabei vergesse ich, dass durch das verordnete Nichtstun wegen der tödlichen Virengefahr neue Risikogruppen herangezüchtet werden, zum Beispiel die Fettleibigen, die dann wieder die Intensivbetten blockieren, was zu weiterem Nichtstun führt… – ich verliere mich in den Gedanken zur Pandemie. Gibt es noch etwas anderes als die Pandemie, zum Beispiel das Leben an sich?

Uteto Fritz legt die Zeitung beiseite und sagt: Ein Virus ist potentiell tödlich, so wie das Leben. Solange ich mich nicht damit abfinde, dass mein Leben tödlich enden wird, werde ich Angst vor dem Tod haben, und diese Angst zum Beispiel auf ein Virus projizieren. Vor ein paar Tagen brachte ich meine Nichte ins Bett, sie konnte nicht einschlafen und sagte, sie habe Angst vor den Viren, die kommen sicher heute Nacht zu ihr ins Bett und töten sie. Da sagte ich zu ihr: Die Viren wollen genauso leben wie wir Menschen. Als einmal ein Mensch gestorben war, den die Viren befallen hatten, setzten sie sich in einer Runde zusammen wie die Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin, waren sehr traurig über den Tod dieses Menschen und meinten einhellig: Die Lebenskraft dieses Wirtes haben wir überschätzt, seine Gastfreundschaft endete tödlich. In Zukunft wollen wir uns Wirte suchen, die mit uns leben können.

An den Tod, sagt Uteto Fritz, glaube ich wie an das Leben, durch den Tod werde ich meine letzte intimste Begegnung mit mir selbst haben, es wird hoffentlich eine schöne Begegnung sein voller Zufriedenheit, zumindest ist das mein Ziel. Doch ich stelle fest: Gerade lebe ich, als Mensch auf dieser Erde, voller Neugier, was mir heute noch passieren wird, sagt Uteto Fritz, drückt mir die Zeitung in die Hand, steht auf und geht über die Wiese der Sonne entgegen.