Uteto Fritz und die abgeschiedene Achtsamkeit oder: Alles kommt zu einem knirschenden, mahlenden, reibenden Halt

Uteto Fritz, der sich selbst als Künstler und Psychologen bezeichnet, hat sich seit geraumer Zeit in die Abgelegenheit zurückgezogen. Er experimentierte einst mit Sprache als Energetisiakum, weshalb man ihn als Sprachenergetiker bezeichnete. Er lehnte diese Bezeichnung von Anfang an ab, er sagte, er könne kein Sprachenergetiker sein, wenn er als solcher bezeichnet werde. Er fand jedoch immer mehr Anhänger, die sich von ihm sprachlich energetisieren ließen, bis er schließlich den Glauben an die Sprache als Energetisiakum verlor und sich in die Abgelegenheit zurückzog, um sich von seiner Rolle als Sprachenergetiker frei zu machen und wieder zu sich selbst zu kommen.

Jüngst wurde er jedoch wegen einer Angelegenheit aus seiner Abgelegenheit gerufen, und er folgte diesem Ruf: Eine Frau, die sich selbst als Mädchen bezeichnet, war in ein Loch gefallen. Diese Frau, die sich selbst als Mädchen bezeichnet und zu den sprachenergetischen Jüngern gezählt wird, eine Jüngerin also, hatte einst Uteto Fritzes Tätigkeit als Sprachenergetiker auf digitalen Kanälen bekannt gemacht. Die digitalen Kanäle bezeichnet sie als soziale Medien. Uteto Fritz bezeichnet sie als asoziale Separatoren. Die Bekanntmachung seiner Arbeit als Sprachenergetiker auf digitalen Kanälen hatte bei Uteto Fritz erste Zweifel an seiner Arbeit geschürt und führte schließlich zu seinem Entschluss, sich in die Abgelegenheit zurückzuziehen. Das Mädchen, die Jüngerin, setzte nach Utetos Rückzug die sprachenergetischen Bekanntmachungen auf den digitalen Kanälen fort, wobei ohne Uteto die Inhalte ihrer Bekanntmachungen zunehmend dünner wurden. Uteto würde hier anmerken, dass seine Inhalte nie einen Anspruch auf Dicke hatten.

Nun ist dieses Mädchen in ein Loch gefallen, weswegen Uteto, wie bereits erwähnt, aus seiner Abgelegenheit gerufen wurde. Der Tathergang wurde Uteto am Tatort wie folgt geschildert: Das Mädchen sei spazieren gegangen, mit Kopfhörern in den Ohren, und hörte einen Podcast über Achtsamkeit. Dabei habe es ein Loch in der Straße übersehen, in das es gefallen sei. Uteto sah in das Loch und sah darin das Mädchen leblos liegen. Er nahm jedoch noch Zuckungen an ihrem leblosen Leib war, als würde sie unter Strom stehen. Uteto folgerte: Sie hat zu viel Strom konsumiert, deshalb musste sie in das Loch fallen. Das mobile Funken der digitalen Kanäle ist eine permanente Stromzufuhr, diese permanente Stromzufuhr hat sie nicht mehr ausgehalten und ist in das Loch geflüchtet. Dennoch knirscht und mahlt und reibt es noch an ihrem ganzen Leib, wie man an den Zuckungen sieht. Sie ist ein Junkie, den das Knirschen und Mahlen und Reiben des Stroms noch in das Loch verfolgt.

Während Utetos Ausführungen war die Leiche näher untersucht worden. Dabei war festgestellt worden, dass das Mädchen, die Jüngerin, kurz vor ihrem tödlichen Fall in das Loch nicht mehr den Podcast über Achtsamkeit, sondern das Lied Grinding Halt von The Cure gehört hatte.

Das passt gut, sagte Uteto daraufhin, denn die frühe Musik von The Cure ist ein Knirschen und Mahlen und Reiben von Gitarre, Bass und Schlagzeug, das einem ständig Stromschläge verpasst: Everything Is Coming to A Grinding Halt – Alles kommt zu einem knirschenden, mahlenden, reibenden Halt.

Bei Ankunft Brunft

Bei Ankunft war die Zukunft noch Zukunft, wir bezogen zunächst unsere Unterkunft und suchten vor der Zusammenkunft nach Auskunft über die Zunft, schließlich kam unsere Einkunft aus Geschäften mit der Zunft.

Bei Herkunft der Zunft wurde es, wie sollte es anders sein, zünftig, mit Bier, Blasmusik und Brotzeit, die Zunft verlangte schließlich, man ist geneigt zu sagen, aus brünftiger Unvernunft, nach weiblicher Kunft, wir bangten um unsere Einkunft und versorgten deshalb die brünftige Zunft.

Bei Ankunft sagte die weibliche Kunft: Wir sind auch eine Zunft, kein Objekt der Brunft! Und schlugen ein auf die brünftige Zunft. Das war das Ende der zünftigen Zusammenkunft, auch unserer Einkunft aus Geschäften mit der Zunft. Die Hoffnung lag nun auf der Zukunft und deren Ankunft. Gibt es menschliche Vernunft?

Heini Heine

Hätte Heine mit seiner Mathilde
einen Sohn gehabt,
er hätte ihn
wohl Heino genannt.

Und dieser Sohn Heino,
der immer von Papa Heini sprach,
empfing Heinrike in seinem Gemach.
Die in der Ehe dann Heina war:
Heino und Heina Heine also
bekamen eine Tochter.
Und Mutter Heina,
die einst Heinrike war,
fand Heike einen passenden Namen,
und berichtete über Heino:
Heike war ein Name für die Tochter,
den mocht er.

Und Heike Heine fand einen Mann,
Heiko Hebenstreit genannt,
und wurde bald gewahr,
dass frau als Frau
ihren Namen nicht behalten kann.
Heike Hebenstreit gefiel ihr nicht –
Heiko und Heike Heine passt viel besser
in ein Gedicht.
Und wollte weiter Heine heißen,
und Heiko sollte statt Hebenstreit
künftig ein Heine sein.
Doch ein Gericht
untersagte ihr dies,
weshalb sie,
um weiter Heine zu heißen,
Heiko Hebenstreit verließ.

Doch wie wir wissen hat Heine,
der übrigens Harry und nicht Heini hieß,
mit seiner Mathilde keinen Sohn gehabt,
und so erledigt sich jeder weitere Streit,
ob frau als Frau
ihren Namen behalten kann.

 

aus Wikipedia:
Christian Johann Heinrich Heine, geboren am 13. Dezember 1797 als Harry Heine in Düsseldorf, war einer der bedeutendsten deutschen Dichter, Schriftsteller und Journalisten des 19. Jahrhunderts. Im Deutschen Bund mit Publikationsverbot belegt, verbrachte er seine zweite Lebenshälfte im Pariser Exil. Dort lernte er die Schuhverkäuferin Augustine Crescence Mirat kennen, die er Mathilde nannte. Die Ehe sollte kinderlos bleiben. Heine starb am 17. Februar 1856 in Paris.

Ganzheitliche Gastronomie

München ist eine wohlhabende und selbstverliebte Stadt, sagt Vorderbrandner. Am Abend sitzen die Leute in Scharen in Restaurants und Wirtschaften und schlagen sich gemeinsam die Bäuche mit Essbarem voll. Und wenn ich sie so in Scharen sitzen sehe, frage ich mich, sagt Vorderbrandner, wann jeder von ihnen sich einzeln davonschleicht und aufs Klo geht. Oder verdrücken sich die meisten ihre Regungen im Darm und gehen später zuhause aufs Klo? In jedem Fall folgt dem gemeinschaftlichen Essen kein gemeinschaftliches Scheißen, was für mich einen Bruch darstellt, denn beides stellt doch einen untrennbaren gemeinsamen Vorgang dar. Aber es gibt riesige Speisesäle und kleine, verwinkelte, versteckte Klos. Eine künstlich hergestellte Getrenntheit, die der Realität nicht standhält. Deshalb schlage ich vor: Restaurants und Wirtschaften nicht nur mit Speise-, sondern auch mit Scheißesälen. Nach gemeinschaftlicher Speise auch gemeinschaftliche Scheiße, um das gastronomische Erlebnis zu einem ganzheitlichen zu machen.

Viele würden vielleicht Widerstand in sich spüren gegen diese neue Gepflogenheit, denn Neues ist immer ungewohnt, auch wenn es der menschlichen Seele gut tut. So könnte es sein, dass dieser Widerstand sich sogar somatisch äußert und den Flüssigkeitskreislauf im Darm unterbricht, der Kot sich verhärtet und nicht aus dem Darm austreten will. Um diesen am Anfang zu erwartenden Widerständen entgegenzutreten, könnte man zum Beispiel einen eigenen Menüpunkt Nach dem Speisen gemeinsam zum Scheisen einführen, das Wort Scheißen absichtlich mit s statt mit ß geschrieben, um es sanfter und genehmer erscheinen zu lassen, denn so gerne viele über das Speisen reden, so ungern reden sie über das Scheisen. Außerdem könnte man im Scheisesaal ein abortives Getränk reichen, um die Darmtätigkeit anzuregen. In jedem Fall würde dieses gastrononische Gemeinschaftserlebnis helfen, unsere gespaltene Gesellschaft wieder zu einer zu machen.

Die gehobene Gastronomie könnte überlegen, für Gäste, die nicht am gemeinschaftlichen Speisen und Scheisen teilnehmen wollen, zumindest übergangsweise Separées einzurichten, wo sie dann alleine speisen und scheisen. Ich persönlich, sagt Vorderbrandner, verbinde Speise immer mit Scheise, deshalb speise ich meist alleine, da ich anschließend auch alleine scheise. Sonst ist mir der Bruch im Erleben zu groß.