Die letzte Schlacht gewinnen wir!

Ich habe geträumt: Eine Armee von Corona-Viren erschien mir und die Armee sang lauthals: Die letzte Schlacht gewinnen wir! Ich richtete mich auf, versuchte dagegenzuhalten und schrie: Mein Kampf bedeutet Frieden, und ich bekämpfe euren Krieg! Jede Schlacht die ich verliere, bedeutet meinen nächsten Sieg! Doch dann fiel ich vor Erschöpfung um, und in dieser Erschöpfung erschien mir ein edler Fürst, der sprach die folgenden Worte:

Meine lieben Gaukler, Spieler und Musikanten, die ihr mir schon in so vielen Stunden Muse und mich dem Leben so nahe gebracht habt, wie ich ihm sonst nie hätte kommen können, ihr Sucher der Wahrhaftigkeit! Dieser Virus ist über uns gekommen und hat uns alle überrascht, hat sozusagen die Bühne von euch vereinnahmt. Nun ist er da, wir müssen mit ihm leben. Ihr könnt nicht durch die Lande ziehen, viel zu groß ist die Gefahr und die Angst, dass ihr ihn mit euch durch die Gegend schleppt und alles verseucht. Ihr könnt euer Brot nicht verdienen mit euren Künsten. Darum bleibt bei mir, ich gebe euch Brot und Bleibe, bis ihr wieder weiter ziehen könnt. Lasst uns gerade jetzt darüber freuen, gemeinsam auf diesem Planeten zu sein!

Ich erzählte Vorderbrandner von meinen Träumen, woraufhin er

einlegte, die Lautstärke hochdrehte und ekstatisch dazu tanzte. Dann manifestierte er: Die edlen Fürsten, die brauchen wir! Die edlen Fürsten sollen ihr Geld nicht in Luxusgüter investieren, die sie ohnehin nicht brauchen, sondern in uns, in die Leute! Warum schreit jeder nach dem Staat, der kein Geld hat, der Staat sind ja wir, warum schreit nicht jeder nach edlen Fürsten, nach den Geldgeiern, die in ihrer maßlosen Gier Geld angesammelt haben. Die Gier der Geldgeier hat ein Verteilungsproblem geschaffen, dass dieser Virus drastisch aufzeigt! Und wenn die Geldgeier nicht bereit sind, ihren Edelmut in sich zu entdecken und ihr Geld zu teilen, dann werden nicht nur ihre Häuser, dann wird die ganze Erde brennen!

Vorderbrandner umarmte mich, bedankte sich für meine Träume, lief auf die Straße und ließ mich allein zurück.

So etwas darf nie mehr passieren!

Geschichte eines totalen Gutmenschen

Er ist Politiker von Beruf, Bürgermeister einer Kleinstadt, aber ein moderner Politiker, mit Instagram- und Twitter-Account, er steht an der KZ-Gedenkstätte und sagt: So etwas darf nie mehr passieren!, als ein paar Kilometer entfernt, bei der Döner-Bude am historischen Marktplatz, dem zentralen Treffpunkt der Kleinstadt, einer einen anderen erschießt. Er eilt hin und sagt noch am Tatort: So etwas darf nie mehr passieren!, und wie ein Mantra wiederholen die eingetroffenen Gutbürger der Kleinstadt seine Botschaft: So etwas darf nie mehr passieren!

Als die erste Aufregung vorbei ist und die meisten Gutbürger sich wieder verzogen haben, um ihre gute Tat gegen das Böse auf Instagram zu posten, eilt er zurück zur KZ-Gedenkstätte, wo die jüdische Gemeinde ausgeharrt hat, und wiederholt pflichtbewusst seine Botschaft: So etwas darf nie mehr passieren!

Da fliegen plötzlich Eier auf ihn, gut geworfen, denn sie treffen ihn, und einer – es ist wohl kein Gut-, sondern ein Wutbürger – schreit: Wenn du noch einmal sagst So etwas darf nie mehr passieren!, dann hau ich dir so eine in die Fresse, dass dir nie mehr was passiert.

Bitte seien Sie vernünftig, besuchen Sie Bordelle!

ein Aufruf des bayrischen Ministerpräsidenten Markus S.

Liebe Mitbürgerinnen und vor allem -bürger, wieder einmal wende ich mich in dieser schwierigen Zeit an Sie, diesmal mit einer besonderen Bitte: Besuchen Sie Bordelle! Die besondere Situation, in der wir uns befinden, erfordert besondere Aufmerksamkeit, erfordert, die Aufmerksamkeit auch dahin zu richten, wo wir sie bisher nicht hingerichtet haben: Hier in Bayern, in unserem schönen Land, wo der Stand der Ehe besonders hochgehalten wird, möchte man meinen, dass Bordelle nicht notwendig seien. Doch die Krise hat uns eines Besseren belehrt. Die Krise hat die scheinbar so solide Institution der Ehe ins Wanken gebracht, es herrscht größere Unzufriedenheit als sonst in ehelichen Partnerschaften – Stichwort häusliche Gewalt – und ich habe daher eine Expertengruppe einberufen, die sich mit diesem Thema befasst hat. Diese Expertengruppe kam zu dem einhelligen Ergebnis, dass Bordellbesuche für Ehemänner zwingend erforderlich sind, um die Ehe aufrechtzuerhalten beziehungsweise ihren äußeren Schein zu wahren, ja, obwohl die Scheinehe verboten ist, bestehen viele Ehen scheinbar nur zum Schein. Ich bitte Sie um Verständnis, dass ich auf diese Problematik der Scheinehen momentan nicht näher eingehen kann, wichtig erscheint mir im Moment, dass wir alle zusammenhalten, um diesen Schein zu bewahren, und deshalb noch einmal: Besuchen Sie Bordelle!

Ich habe mich vor Ort überzeugt und war begeistert, wie die Hygienestandards eingehalten werden, ja, ich weiß, und da bin ich ganz ehrlich, Sex mit Maske ist lästig, aber es geht im Moment nicht anders, ich bitte Sie – zusätzlich zum Tragen einer Maske und den sonstigen mittlerweile selbstverständlichen Hygienevorkehrungen – möglichst solche Stellungen zu wählen, bei denen die Gesichter maximal weit entfernt sind, wie etwa Doggy oder 69, mir ist bewusst, es entspricht mehr unserem christlich-sozialen Ideal, sich dabei ins Gesicht zu sehen, aber außergewöhnliche Situationen erfordern außergewöhnliche Maßnahmen, und ganz ehrlich: Auch Stellungen wie Doggy oder 69 können Spaß machen, ich denke, ich spreche da aus Erfahrung.

Außerdem möchte ich allen Bordellbediensteten danken, sie arbeiten wirklich hochprofessionell, ich durfte mich davon überzeugen, und sie leisten einen nicht zu unterschätzenden Beitrag für unsere christlich-soziale Wertegemeinschaft. Deshalb noch einmal: Klatschen alleine reicht nicht für diese Menschen, die sich in dieser Krise ganz in den Dienst unserer Gesellschaft stellen – besuchen Sie unsere schönen bayrischen Bordelle, damit diese auch in Zukunft ihre gesellschaftlichen Funktionen erfüllen und wir unsere Schein…, nein, was red ich da: Unsere Ehen aufrechterhalten können!

Aus den Klopapier-Kroniken: dritter Quartalsbericht

Erster Bericht
Zweiter Bericht

Ein Quartal eines Jahres ging wieder einmal zu Ende, das dritte dieses Jahres, und der Herbst stand vor der Tür, besser gesagt, er hatte schon begonnen, seit ein paar Tagen hatte es empfindlich abgekühlt, nachdem der Sommer lange seine warmen Temperaturen in den September hineingestreckt hatte.

Mit einem wohligen Behagen, in meine Jacke gehüllt, ging ich die Straße entlang, um mir Klopapier zu besorgen. Als ich den Drogeriemarkt betrat, war mir jedoch plötzlich bange, denn seit zwei Quartalen treibt mich die Sorge um, dass die Regale wieder leer sein könnten, wie im Frühjahr, dass wieder irgendeine Notlage ausgerufen wird, von der ich nichts mitbekomme beziehungsweise deren Not ich nicht rechtzeitig erkenne und es viele Leute wieder notwendig finden, sich mit Klopapier einzudecken weit über ihren Bedarf. Doch meine Bange war unberechtigt, stattdessen großes Staunen: Ein volles Regal steht vor mir, mit Auswahl aus verschiedenen Sorten. Ich nehme aber wie immer dieselbe. Kurz überlege ich, ob ich diesmal statt einer Packung à zehn Rollen zwei nehme, schließlich steht die dunkle, kalte Jahreszeit bevor, und falls ich zum Jahreswechsel in eine Art Winterschlaf verfalle – was schon vorgekommen ist – wäre es äußerst ungünstig, wenn ich genau in dieser Winterschlafphase Klopapier besorgen müsste. Doch dann überkommt mich die Sorge, dass ich diese Packung jemandem wegnehme der sie dringender benötigt, jemandem, der mit Klopapier nicht nur seinen Arsch abwischt, sondern auch seinen Angstschweiß oder sonstige Körperflüssigkeiten, jemandem, der vielleicht mit Klopapier seine ganze Wohnung putzt.

Ich belasse es bei einer Packung und gehe damit zur Kasse. Stolz gehe ich anschließend mit meiner Packung die Straße entlang: Schaut her, ich habe Klopapier gekauft, es gab welches, ich freue mich! Aber fast niemand freut sich mit mir, nur ein paar Kinder entgegnen mein Lächeln mit einem Lächeln ihrerseits. Vielleicht denken sich viele der so enttäuscht und verbittert Dreinschauenden: Oh, der hat Klopapier gekauft – ich hätte ihm welches geben können, ich habe den ganzen Schrank voll davon! Aber schnell vergesse ich den Gedanken über das, was andere denken könnten und freue mich der Kinder, die mir entgegenlächeln. Ich freue mich, dass ich selbst Kind geblieben bin und mich meines Klopapiers erfreue.

Zuhause meldet sich mein Darm, was mich ebenfalls erfreut, ich nehme den Gang zum Stuhl, setze mich darauf und betrachte die weichen, zarten Blättchen Papier, die ich eben erworben habe: