Was ist jetzt?

Es ist vorbei. Das, was ich Vergangenheit nenne, ist vorbei. Die Sekunde, die jetzt ist, ist in der nächsten Sekunde vorbei. Doch was ist jetzt?

Ich spüre es so sehr, obwohl es längst vorbei ist. Diese Straße im engen Bergtal, auf der ich gehe, hat mein Großvater mitgebaut, damals, im Straßenbaufieber im Deutschen Reich der 1930er Jahre. Das ist vorbei. Doch ich bilde mir ein, ihn vor mir zu sehen, hier in diesem Tal. Was weiß ich schon von meinem Großvater! Ich spüre ihn nur, als ob die Vergangenheit nicht vorbei wäre, sondern jetzt wiederkommt zu mir.

Der Schlaf in der Hütte in diesem engen Tal fällt mir nicht leicht. Die Zukunft scheint zentnerschwer vor mir zu liegen. Ich stehe auf, gehe hinaus, hoch auf die Almwiese und blicke in die mondklare Nacht. Was ist jetzt? Ich blicke hinauf zu den Sternen und sage zu ihnen:

Die Vergangenheit beklage ich.
Die Zukunft befürchte ich.
Die Gegenwart bestreite ich.
Lebe ich denn?

Die Sterne schauen mich an, und in ihrer kraftvollen Ruhe bedeuten sie mir: Die Gegenwart sind wir. Ich hole tief Luft und spüre den Atem in mir. Ich spüre die Energie, die er mir gibt. Ist das das Leben? Vor mir wiegt sich das Gras in einem leichten Windstoß, vom Mondlicht beschienen. Ich rieche die Düfte der Pflanzen. Die Baumwipfel stehen mir Spalier.

Was ist jetzt? Die Beschreibung bleibt ungenau. Ich atme.

Gedanken und Gefühle

Ich denke viel nach. Wie fühlt sich fühlen an?

Meine Blicke auf sie schmeicheln ihr. Sie öffnet gnädig ihre Bluse und lässt mich an ihre Brust. Während ich mich darin vergrabe, beginnt sie schallend zu lachen. Ich fühle mich ausgelacht und bin mutig genug, ihr das zu sagen.

„Aber nein, mein Kleiner“, sagt sie darauf, „fühle dich doch nicht ausgelacht! Du bist mein Freund. Ich habe dich kreiert, als meinen Freund. Deshalb verlasse ich dich nicht, und wenn ich gut drauf bin, darfst du auch an meinem Busen nuckeln.“

Ich reisse mich weg von ihr. Ich habe plötzlich Spaß daran, sie so entblößt vor mir zu sehen, ihren zerbrechlichen Stolz zu Fall zu bringen.

Keine Aufrichtigkeit, kein Vertrauen zwischen uns; sondern Misstrauen und beiderseitiger Anspruch auf Überlegenheit. Ist es das, was uns zusammenhält: diese fatalen Abhängigkeiten?

Was sind das für Gedanken in meinem Kopf? Wo ist das Gefühl? Ich habe eine Idee: Ein Gefühl führt normalerweise zu einer Handlung. Wird die Handlung jedoch nicht ausgeführt, wird das Gefühl zum Gedanken ausgebaut, und der Gedanke umklammert das Gefühl und lähmt es und nimmt ihm die Chance, das Handeln geschehen zu lassen.

Ich habe schon oft ein Gefühl gehabt, und bin ihm dann im Kopf nachgegangen. Meine Gedanken haben das Gefühl getötet, langsam und quälend. Ich habe geweint ob dieser qualvollen Tode. Doch es erschien mir der einzig richtige Weg, mit den Gefühlen umzugehen.

Soll ich sie in meine Arme nehmen, als konsequente Handlung? Da fällt mir auf: Ich habe das alles nur geträumt.

Schief ist mein neues Gerade

Das Fenster klappert schief im Wind. Die schiefe Treppe knarzt unter meinen Füßen. Im Traum liege ich schief im Bett. Gerade macht mir Angst. Zu deutlich macht mir Angst. Das Schiefe um auf die neue Bahn zu geraten; nur scheinbar steckenbleiben im Schiefen, weil ich Pause brauche. Der schiefe Blickwinkel zeigt mir neue Perspektiven. Das kann ich jetzt so stehen lassen, denn es ist schief und hat nicht den Anspruch, gerade zu sein.

Mit dir auf die Insel

Das Meer und der Marmor, dazwischen das Grün. Bald ist der Hafen erreicht, ganz leicht. Ein Schiff wird kommen, nimmt uns mit. Vorne stehen auf dem Bug und die wogenden Wellen spüren. Der Blick auf das Ziel, auf die Insel, die Insel meiner Träume und du neben mir. Die Sonne wird tiefer, das Ziel rückt näher. Das Leben ist schön. Ich will so viel sagen, genau deshalb sage ich nichts. Es reicht mir mein Blick in deine Augen und ich sehe das Meer in dir. Das Meer in dir bringt uns auf unsere Insel. Du und ich.