Ephriweh, überall

Ich wachte auf und hatte zunächst eine verträumte Säuselei in meinen Ohren. Es klang nach Lottofee. Dann jedoch ging die Säuselei in tanzende und springende Basstöne über, ich versuchte die Basstöne zu erfassen, ich hörte dreimal die Abfolge C-D-G, abgeschlossen mit einem A-G-F-Diminuendo, ich kann es aber nicht genau sagen, ich fühle Musik nur und denke sie nicht, deshalb berührt Musik mein Innerstes und nicht nur meinen Kopf.

Ich hatte keine Ahnung, was die verträumte Säuselei und die tanzenden und springenden Basstöne mir sagen wollten, ich stieg aus dem Bett und begann den Tag wie üblich mit einem Blick in den Badezimmerspiegel. Musik, dachte ich mir, ja, Musik, während mich die verträumte Säuselei und die tanzenden und springenden Basstöne weiter verfolgten, ich dachte an die Pastorale von Beethoven, an seine sechste Sinfonie, aber ich konnte nur denken, nicht fühlen, ich war voll von verträumter Säuselei und tanzenden und springenden Basstönen, die Basstöne wurden nun dominanter und drängten die Säuselei in den Hintergrund, ich nahm meine Gitarre in die Hand und versuchte, die Basstöne zu spielen:

Es begann kläglich, doch ich spielte mich in einen Rausch, ich konnte nicht mehr aufhören, es war ungewiss, ob ich ein Ende finden würde, als ich plötzlich eine Frau singen hörte, eine tiefe zarte Frauenstimme, die eine Melodie zu den tanzenden und springenden Basstönen sang, mündend in den Chorus: Oh I, I wanna be with you, Ephriweh – oh ich, ich will mit dir sein, Ephriweh.

Das hätte ich nun als vollkommenen Unsinn abtun können und mit diesem vollkommenen Unsinn diese Aufzeichnungen hier beenden können, wenn ich schon mein Gitarrenspiel der Basstöne nicht beenden konnte. Ich beendete jedoch, zu diesem Zeitpunkt völlig unerwartet, das Gitarrenspiel der tanzenden und springenden Basstöne, und jetzt fing alles an. Ich begriff, dass die tanzenden und springenden Basstöne einem Lied entstammen, dass ich bereits als Kind gehört habe: Der Knabe springt über sonnenbeschienene grüne Wiesen und hört die verträumte Stimme singen: I wanna be with you, Ephriweh. Wer ist Ephriweh? Ephriweh bin ich selbst, aber in einer höheren, freieren Dimension. Nein – das ist Unsinn: Ephriweh bin ich und bin nicht ich, Ephriweh ist was ich weiß und was ich nicht weiß, und es ist Unsinn, etwas über Ephriweh zu schreiben. Bin ich nun endgültig an dem Punkt angelangt, diesen Unsinn zu beenden?

Can you hear me calling out your name? Kannst du mich hören, Ephriweh? Ein spiritueller Meister, der nun zwar überraschend aber nicht unpassend die Szenerie betrat, sagte: Ephriweh ist dein befreites Selbst, vielleicht sogar dein universelles Selbst, aber seine Worte verschallten ins Nichts, denn ich fiel ins Bodenlose, ohne Angst vor dem Aufprall zu haben, weil es keinen Boden mehr gab. Doch der Fall hielt nicht an, ich hörte Stimmen sagen: Ist er nicht sonderbar? Wir hören Ramones, und er hört Fleetwood Mac.

Als meine Füße den Boden wieder erreicht hatten, noch immer von tanzenden und springenden Basstönen durchdrungen, hatte sich das Rätsel gelöst: Fleetwood Mac also, mit dem Gesang von Christine McVie. Sie singt nicht Ephriweh, sondern Everywhere, aber ich höre nur Ephriweh, überall wo ich bin.