Weihnachten da capo („Bitte ein Bils!“)

Was waren das letztes Jahr für schöne Weihnachten! Lockdown für alle, wir waren gemeinsam einsam. Es gab keine Impfungen gegen das Corona-Virus, die Gesellschaft war nicht in Geimpfte und Nichtgeimpfte eingeteilt. Es herrschte Einigkeit in der Einsamkeit. Wir saßen in unseren Wohnungen und wetzten die Messer, um den Kampf gegen das Corona-Virus aufzunehmen.

Dieser Tage wäre meine Großmutter hundert Jahre alt geworden. Ich dachte daran, dass ich ihr zu ihrem siebzigsten eine Pappkrone bastelte – ich nannte die Pappkrone Omikron. Und jetzt kommt Omikron in einer neuen Variante des Corona-Virus über uns. Trotz der Wunderwaffe der Impfungen! Ja, Herrschaftszeiten, was taugt denn die Wissenschaft, wenn sie dieses Virus nicht endlich unter Kontrolle kriegt? Wir Menschen haben doch diese Erde unter Kontrolle! Von diesem Glaubenssatz sollen wir nicht abweichen. Sonst sind wir verloren!

Aber das Schlimmste ist: Noch immer ist kein entspanntes geselliges Biertrinken möglich wegen dieses Virus! Apropos Bier: Bier enthält in unseren Breiten Hopfen. Obwohl Hopfen, wie Hildegard von Bingen anmerkte, die Seele des Menschen trübsinnig macht und seine inneren Organe belastet. Nein nein, sagen bayrische Reinheitsapostel dazu: Hopfen beruhigt, schläfert ein, und das ist das Wichtigste in dieser trübsinnigen Zeit, sich zu beruhigen und vor den Sorgen wegzuschlafen. Ich habe mir indessen das Gegemteil überlegt. Ich will mir zur Impfung einen zusätzlichen Booster, einen zusätzlichen Antrieb für das Leben in der Pandemie schenken: Ich werde mir Bier brauen, aber statt mit Hopfen mit Bilsenkraut. Bilsenkraut schläfert die Nerven nicht ein wie Hopfen, sondern bringt sie gewaltig durcheinander, Praktiker sagen, es führe einem das perfekte Bild des Wahns vor Augen. Das klingt nach prallem Leben!

Am Heiligen Abend, nachdem ich mein Bilsener genossen habe, werde ich deshalb wie ein Waldteufel durch den verschneiten Wald wandern, um an einem einsamen Waldsee meine Runden als Schlittschuhläufer zu drehen:

Wer nicht auf Teufel komm raus in den Wald will, um einen Waldsee zu suchen, der kann Weihnachten wieder so feiern wie letztes Jahr. Irgendwie ist es ja doch wieder dasselbe. Weihnachten da capo halt: