Zweifel und Vertrauen

Ich habe gelernt, mich mindestens zweigeteilt zu erleben. Ich erlebe den kleinen Jungen in mir, der ständig Angst davor hat, allein zu sein. Wird dieser Junge tatsächlich so allein gelassen, oder hat er es nur so erlebt und das Gefühl lässt ihn nicht mehr los? Wäre er sonst nicht schon längst ein großer Mann?

Der kleine Junge kam zu mir, panisch, aufgeregt, weinend. „Siehst du“, sagte er, „sie hat mich verlassen, weil ich ihr nicht gefallen habe. Ich habe ihr nicht gefallen, dabei habe ich so darauf geachtet, ihr zu gefallen!“

Ich, das ist der andere Teil in mir, den ich den großen Mann nenne und den ich erst kürzlich in mir entdeckt habe, nahm den Jungen in den Arm. Anfangs sträubte sich der Junge hierzubleiben, er sagte: „Nein! Was verstehst du schon? Du hast doch keine Ahnung wie enttäuscht ich bin!“

Aber dann wusste er die Wärme der Umarmung des großen Mannes mehr und mehr zu schätzen und sträubte sich nicht mehr, sondern weinte hemmungslos. Als seine Tränen weniger wurden und seine Trauer nachließ, da sagte der große Mann zu ihm: „Du hast vergessen, dir selbst zu gefallen; deshalb ist sie weg gegangen, hat dich verlassen. Sie will dich erleben und nicht den Gefallen, den du vorgibst ihr zu geben.

„Wird sie wiederkommen?“ fragte der kleine Junge, noch immer ängstlich. „Sie wird sich davor hüten, solange du sie anbettelst darum wie mich gerade; und ich würde sie ohnehin nicht zu dir lassen“, sagte der große Mann. „Denn du brauchst Zeit, um dir selbst zu gefallen. Du brauchst Zeit bis zu dem Morgen, an dem du vor dein Spiegelbild trittst und zu ihm sagst: ‚Ich liebe dich!‘ Und du hast Zeit. Du hast Zeit. Mit ruhigen Schritten gehst du über grüne Wiesen, denn du hast Zeit, Zeit, Zeit.“

Daraufhin schlief der kleine Junge in den Armen des großen Mannes ein.