App-Laus

Ich möchte auf folgende Frage zurückkommen: Wieso spricht man von Lausbuben und nicht von Lausmädchen? Die Haarpracht der Mädchen bietet oft eine reichere Fülle als die der Buben. Die Läuse haben dort mehr Platz, sich einzunisten. Es ist also anzunehmen, dass Läuse Mädchenköpfe Bubenköpfen vorziehen. Bei den Buben ist es ja zudem so: Wenn sie älter werden und sich gern Männer nennen, verlieren sie oft ihr Kopfhaar, sodass für die Laus wenig bis gar kein Platz zum Verstecken bleibt. Manche der Buben rasieren sich gar freiwillig die Haare vom Kopf. Dafür beobachte ich neuerdings, dass viele sich einen umso mächtigeren Bart im Gesicht wachsen lassen, der wiederum ein hervorragendes Rückzugsgebiet für Läuse darstellt. Mädchen, die sich mit solchen bärtigen Buben einlassen, rechnen wohl mit lausigen Küssen. Oder haben gemerkt, dass nicht die Haare, sondern der Bart einen Buben zu einem Lausbuben macht.

Aber ich will nicht zu negativ werden. Neben der Kopf- beziehungsweise Bartlaus gibt es eine Laus, die durchaus positive Gefühle weckt, nämlich die Applaus. Schauspieler und Bühnenschaffende freuen sich sehr über ihr Erscheinen. Sie können süchtig werden nach dieser Laus, und bleibt sie aus, kann sie das in eine schwere Schaffenskrise stürzen. Nun hat sich neuerdings eine Unterart der Applaus entwickelt, die zwiespältige Gefühle in mir hervorruft: Die sogenannte App-Laus (sprich: Äpp-Laus). Die App-Laus nistet sich in jeglichen Smartphones ein und befällt die auf ihr gespeicherten Anwendungen. Benutzt jemand auf seinem Smartphone so eine befallene App, sorgen die App-Läuse dafür, dass derjenige seinen Blick nicht mehr von seinem Smartphone abwenden kann. Das habe ich schon mehrmals beobachtet. Rote Ampeln, hupende Autos – alles ist ihm egal, weil ihn die App-Laus in seinem Bann hält. Nicht der Affe laust, sondern die App. Ich brauche nicht hinzuzufügen, dass so eine befallene App lebensgefährlich ist. Wäre es nicht sinnvoll, zu warnen vor diesen lebensgefährlichen Kreaturen? Doch ich weiß nicht, ob Warnen etwas bringt.

Vor kurzem war ich wandern und sah einen, der Steine einsammelte. Das ist nicht gefährlich, doch plötzlich nahm er die Steine in den Mund und verschluckte sie. Ich sagte zu ihm: Iss doch keine Steine!, woraufhin er brüsk antwortete, es sei seine Entscheidung, ob er Steine esse oder nicht und dass mich das überhaupt nichts angehe. Er schickte mich weiter, sagte, ich solle verschwinden. Als ich mich noch einmal umdrehte, sah ich, wie er einen richtig großen Stein verschluckte. Mich würgte es bei dem Anblick. Jemand hat mir erzählt, dass er daran gestorben sei, an seinem Steineschlucken. Ich stellte mir vor, wie so ein harter Stein seinen weichen und gewundenen Darm durchbohrte und er unter großen Schmerzen elendig verreckte. Steineschlucken ist also gefährlich. Soll man jetzt vor Steinen warnen? Soll man Gebiete, in denen Steine vorkommen, zu Sperrgebieten erklären?

Als Erklärung für das Verhalten dieses Mannes könnte ich in Betracht ziehen, dass die Steine, die er verschluckte, wohl von der Steinlaus befallen waren. Oder tue ich den Läusen unrecht, wenn ich sie für alles verantwortlich mache, was mir nicht gefällt? Vielleicht gibt es die App-Laus gar nicht und ich habe sie nur erfunden? Das wäre wissenschaftlich noch zu untersuchen.