Goldener Herbst, zwei bis drei Sekunden lang

Ich habe heute nicht viel zu sagen. Es ist eine Woche vergangen seit letztem Donnerstag. Es wäre also die Geschichte dieser vergangenen Woche zu erzählen. Ich bin ein Freund der Chronologie. Ich werde nun eine Chronologie der Ereignisse liefern, der Ereignisse seit letztem Donnerstag.

Der Herbst ist golden, wird jeden Tag goldener. Wohin wird das führen? Zu goldenen Blättern. Die Blätter werden fallen. Doch noch sind die meisten an den Bäumen, bis der erste nächtliche Frost sie lockert.

Das Glück des Lebens ist eine Momentaufnahme von maximal zwei bis drei Sekunden, die mich sprachlos macht. Wieviele Momente passieren in einer Woche? Die Vergangenheit ist vergangen. Zu oft missbrauche ich sie als Erklärung für meine Gegenwart. Die Gegenwart ächzt unter diesen Vergangenheitsbeschwichtigungen. Ehe ich die Gegenwart greifen kann, ist sie vergangen, obwohl sie gerade noch Zukunft war.

Die Chronologie der Ereignisse der vergangenen Woche mündet darin, dass ich sie nun niederschreibe. Am wichtigsten scheint mir zu sagen, was die vergangene Woche betrifft, dass der Herbst golden ist und jeden Tag goldener wird. Doch das habe ich bereits gesagt.

Es gibt noch etwas, das ich erwähnen möchte: Ich habe viele Leute getroffen letzte Woche. Manche lächelten, manche waren traurig, aber die meisten waren – gar nichts. Die haben nicht geschaut mit ihren Augen, die waren nicht hier. Es ist schade, dass sie nicht hier sind. Aber es ist ihre Sache. Ich lerne, dass Leute nicht hier sein wollen, in diesen zwei bis drei Sekunden der Gegenwart.

Ich wollte auch mal nicht hier sein, und jetzt weiß ich warum: Weil mir diese zwei bis drei Sekunden viel zu unbedeutend erschienen, um ihnen Beachtung zu schenken. Ich sah das Leben in großen Chronologien der Ereignisse, und die Größe dieser Ereignisse gab meinem Leben erst Bedeutung. So bemerkte ich nicht, dass ich es versäume, in diesen zwei bis drei Sekunden Dinge zu entscheiden und zu tun, die meinem Leben Richtung geben. Ich wurde entschieden und getan und mein Leben hat gewissermaßen ohne mich gelebt. Mein Leben ohne mich – ist das nicht gelebtes Unglück?

Soeben habe ich entschieden, weiterzuschreiben. Ich möchte noch einmal betonen, dass der Herbst golden ist, seit einer Woche, und immer goldener wird. Ansonsten gibt es nichts zu sagen, was ich im Moment sagen könnte. Weil ich sprachlos bin vor Glück.