Das Sein in seinen Verschiedenheiten

Vorderbrandner ist wieder in eine Sinnkrise verfallen. Das merke ich sofort, als ich ins Büro komme. Lustlos sitzt er vor seinem Laptop, die Bücher links und rechts davon gestapelt.

„Was ist denn los?“

„Das Verb. Das Verb! Ich bin ein Bezweifler seiner Existenzberechtigung: Alles ist. Wozu braucht es mehr Verben als sein?“

„Ist nicht alles verschieden in seinem Sein? Benötigen wir dafür die weiteren Verben, um diese Verschiedenheit zu beschreiben?“

„Dafür gibt es die Nomen: Ich bin Vorderbrandner, du bist Hinterstoisser.“

„Ich habe eine Idee: Wir führen für jeden ein neues Verb ein. Das wird der Wirklichkeit gerechter. Du, Vorderbrandner, bist nicht, sondern zwist, weil du immer den Zwist suchst. Zwisten – ein neues Verb, nur für dich!“

„Und du, Hinterstoisser, bist der große Allmächtige. Du bist, über allem Zwist.“

„Ich weiß nicht was ich. Es gibt noch kein Verb für mich. Das wäre doch eine Aufgabe, ein Verb für mich zu finden!“

Den Rest des Tages lauschen wir Ernst Jandl bei der Rezitation seines Gedichts auf dem land und hoffen, dadurch neue Verben zu finden:

Ernst Jandl: auf dem land