In den Wolken

Die Wolken hingen schwer zu mir herab. Sie sanken und sanken, sodass ich plötzlich mitten unter ihnen war und sie nicht mehr als Wolken, sondern als dampfende Kälte wahrnahm. Ich verlor die Orientierung, ging einen Schritt nach dem anderen und hoffte, mich nicht im Kreis zu bewegen ohne es zu bemerken. Ich erinnerte mich, dass ich von Schluchten umgeben bin, was eine Gefahr darstellte, die ich jedoch nicht als solche wahrnahm, weil ich vor lauter dampfender Kälte nicht mehr sicher war, ob ich von Schluchten umgeben bin, obwohl ich mir eben noch sicher war. Vermutlich verhinderte die dampfende Kälte, die in mich hineinkroch, die Wahrnehmung dieser Gefahr. Das wäre eine mögliche Erklärung, die jedoch nicht zwingend ist, da die dampfende Kälte, die ich nun als solche wahrnahm, eben noch Wolken gewesen waren. Ich spielte eine Melodie auf dem Klavier, um mich vor der dampfenden Kälte, die man zum besseren Verständnis auch als Wolken bezeichnen könnte, abzulenken, die mich ihrerseits von der Gefahr der mich umgebenden Schluchten ablenkte. Das Klavierspiel wiederum bewirkte, dass ich mich in ihren Armen wiederfand. Ich spürte die Wärme ihres Körpers, ganz im Gegensatz zur dampfenden Kälte, sodass ich beschloss, das Klavierspiel zu beenden, woraufhin das Klavier beschloss, von selbst weiterzuspielen. Dies störte mich jedoch nicht sehr, da ich intensiv mit dem Abtasten ihres Körpers beschäftigt war. Das Klavierspiel unterstützte mit seinem sanften Rhythmus dieses Abtasten. Ehe ich das Abtasten intensivieren konnte, gingen wir nach draußen. Nein – ich habe es nicht als Gehen in Erinnerung, eher als Schweben. Waren wir bekleidet oder nackt? Es war nicht wichtig, denn draußen war die dampfende Kälte verschwunden. Die Sonne schien hell und warm. Die Blätter der Bäume, deren Farbe ich vergessen habe – ich glaube, ein sattes Grün wahrgenommen zu haben -, wogten im leichten Sommerwind. Wir schwebten weiter, so hatte ich keine Zeit, die Bäume weiter zu betrachten. Das machte nichts – das Schweben war angenehm. Wir schwebten über Blumenwiesen, bis wir in eine Steinlandschaft kamen. Bei den Steinen schwebten wir nicht weiter. Wir kletterten über die Steine. Mit jedem Schritt spürte ich die Steine unter mir. Nach dem Schweben war es angenehm, die Steine zu spüren.

Plötzlich zog eine langer Schatten heran, und ich erinnerte mich an die dampfende Kälte, doch ehe ich aufschauen konnte, um zu prüfen, ob der Schatten der Schatten eines Berges war oder eine Wolke, die heranzog, wurde ich selbst gezogen und fand mich hoch in der Luft wieder. Um mich herum Alpendohlen, die um sonnenbeschienene Berggipfel schwebten. Ich konnte mich selbst nicht sehen, doch es ist anzunehmen, dass ich eine Alpendohle war, weil ich so harmonisch mit meinen Fluggenossen durch die Felsklüfte flog. Ich versuchte, meine Flügel zu erspüren, um festzustellen, ob ich tatsächlich eine Alpendohle bin. Plötzlich sehnte ich mich nach den Steinen in der Felslandschaft unter meinen Füßen. Stattdessen fand ich mich in ihren Armen wieder. Draußen vermeinte ich Regen zu hören, was mich annehmen ließ, drinnen zu sein. Ich überlegte, ob draußen oder drinnen für mich noch gültige Kategorien sein können. Ehe ich weiter darüber nachdenken konnte, schlief ich ein.