Der verliebte Schönheitschirurg

Dem Schönheitschirurg Dr. Silikus ging es schlecht, deshalb suchte er einen Psychiater auf.

„Wie kann ich Ihnen helfen?“ fragte der Psychiater.

„Ich habe mich in eine Frau verliebt, die als Patientin zu mir kam. Sie will sich von mir die Brüste größer machen lassen.“

„Ich sehe das Problem nicht.“

„Ich kann es nicht. Ich kann ihre Brüste nicht operieren, denn ich finde sie schön, wie sie sind.“

„Haben Sie ihr das gesagt?“

„Nein. Sie weiß von nichts.“

„Hm… Warum sind Sie Schönheitschirurg geworden?“

„Als Kind habe ich oft einen Metzger besucht, der ein Freund meines Vaters war. Er hatte eine eigene Schlächterei. Ich habe beim Schlachten und Ausnehmen der Tiere zugesehen, später habe ich dann selbst Hand angelegt. Es faszinierte mich, die Teile des Körpers zu berühren, zu spüren, sie zu erforschen und mit ihnen umzugehen. Als ich später Medizin studierte, um in die Fußstapfen meines Vaters zu treten, erinnerte ich mich an die Stunden beim Metzger und beschloss, Chirurg zu werden.“

„Vom Metzger zum Chirurg, gut. Aber wieso Schönheitschirurg?“

„Alle sagten: Mit herkömmlicher Chirurgie arbeitest du dir einen Wolf ab im Krankenhaus. Aber mit plastischer und ästhetischer Chirurgie, da kannst du richtig Geld verdienen!“

„Verstehe. Das Geld treibt Sie an. Wen treibt es nicht an! – Lehnen Sie manchmal auch Aufträge ab?“

„Wie?“

„Naja, weigern Sie sich zum Beispiel manchmal, eine bestimmte Operation durchzuführen?“

„Nein. Was der Kunde will, wird gemacht. Schließlich verdiene ich mein Geld damit.“

„Sie kämen also nie auf die Idee, einem Patienten zu sagen, ihn nicht zu operieren, weil Sie die Operation als nicht notwendig und zielführend erachten?“

„Nein. Da könnte ich gleich zusperren. Wissen Sie, für die meisten Leute, die zu mir kommen, ist es nicht notwendig, sich operieren zu lassen. Die sind nur eitel und ertragen ihre eigene Existenz nicht. Sie erhoffen sich von meinen Eingriffen ein schöneres Leben, das nichts mehr mit ihrem bisherigen zu tun hat. Ich kann diese Leute nicht mehr ertragen: kleinere Nase, größere Brüste, Fältchen im Gesicht und Fettpölsterchen an den Schenkeln weg – als ob das so wichtig wäre! Diese Leute glauben, dass sie mit dem Geld, das sie mir zahlen, vor sich selbst weglaufen können.“

„Will das die Frau, in die sie sich verliebt haben, auch?“

„Ich glaube schon. Sie sagt, eine Frau müsse große Brüste haben, mindestens B-Körbchen, sonst sei sie keine Frau.“

„Das hat sie Ihnen gesagt?“

„Ja. Ich hatte ihr gesagt, dass sie sehr schöne Brüste habe, daraufhin hat sie mir das geantwortet.“

„Sie sagten doch, Sie hätten ihr nichts gesagt?“

„Doch, das habe ich ihr gesagt. Es lag mir außerdem auf den Lippen, ihr zu sagen, dass sie eine sehr schöne Frau ist, mit ihren A-Körbchen-Brüsten, aber das habe ich ihr nicht gesagt. Es erschien mir nicht angebracht und unprofessionell.“

„Werden Sie die Frau operieren?“

„Nein! Ich kann es nicht! Ich darf diese schönen Brüste nicht zerstören, sie sind ein Wunder der Natur. Sie gehören zum Gesamtkunstwerk, als das ich diese Frau wahrnehme.“

„Dann sagen Sie ihr, dass Sie ihre Brüste nicht operieren werden!“

„Was nützt das? Sie wird zu einem anderen Schönheitschirurgen gehen und sich dort operieren lassen!“

„Das kann sein. Aber Sie können von dieser Frau, weil Sie sie lieben, nicht verlangen, dass sie sich selbst liebt.“

„Das verstehe ich nicht!“

„Denken Sie darüber nach! Im übrigen empfehle ich zur Therapie folgendes: Bewerben Sie sich in der Unfallchirurgie eines Krankenhauses. Dort arbeiten Sie sich dann einen Wolf daran ab, die entstellten Unfallopfer so gut es geht wieder herzustellen. Sie können das und werden Spaß daran haben! Sie werden zufrieden sein! Das Geld, das Sie verdienen werden, wird schon reichen, keine Sorge! Sie werden das Leben wieder lieben, so wie Sie diese Frau lieben, die Sie nicht operieren wollen.“